Zahlt das die Privathaftpflicht?

Aktuelle Gerichtsurteile, Regeln und Tipps für den Straßenverkehr. Hier kann alles diskutiert werden was zum Thema passt.

Moderatoren: Erik.Ode, Ambush, Auto-Chris, ulliB, tom, Eicker

Antworten
HolyFreak

Zahlt das die Privathaftpflicht?

Beitrag von HolyFreak »

Hallo,
ich habe eine kleine Frage zum Thema Versicherung und hoffe, das mir hier vielleicht einer helfen kann.

Ich erzähl mal kurz.
Am Wochenende haben meine kleine Schwester (13) und der Bruder (14)meiner Freundin im Auto auf mich gewartet. Cool wie die Kiddys nun mal sind, haben sie so getan, als ob sie auch schon Auto fahren und haben die Handbremse gelöst und gebremst und gelöst und gebremst. Das ging auch 2x gut, aber beim dritten mal hat der Bremskraftverstärker dann nicht mehr gefunzt und sie sind Rückwärts gegen einen Böller gerollt.

Natürlich gab es großen Krach und die Eltern meiner Freundin müssen den Schaden ja nun im Prinzip bezahlen. Es handelt sich dabei hinten um die Stoßstange, die ist auf der einen Seite aus der Halterung gerissen, ist aber sonst noch fest.
Könnt ihr mir sagen, ob dafür Ihre Privathaftpflicht eintritt, oder ob das bei einem Auto nicht zieht?

Danke schonmal,
Holy
Michael
Spezialist
Beiträge: 25
Registriert: 04.08.2004, 13:35

Re: Zahlt das die Privathaftpflicht?

Beitrag von Michael »

HolyFreak hat geschrieben:Hallo,
ich habe eine kleine Frage zum Thema Versicherung und hoffe, das mir hier vielleicht einer helfen kann.

Ich erzähl mal kurz.
Am Wochenende haben meine kleine Schwester (13) und der Bruder (14)meiner Freundin im Auto auf mich gewartet. Cool wie die Kiddys nun mal sind, haben sie so getan, als ob sie auch schon Auto fahren und haben die Handbremse gelöst und gebremst und gelöst und gebremst. Das ging auch 2x gut, aber beim dritten mal hat der Bremskraftverstärker dann nicht mehr gefunzt und sie sind Rückwärts gegen einen Böller gerollt.

Natürlich gab es großen Krach und die Eltern meiner Freundin müssen den Schaden ja nun im Prinzip bezahlen. Es handelt sich dabei hinten um die Stoßstange, die ist auf der einen Seite aus der Halterung gerissen, ist aber sonst noch fest.
Könnt ihr mir sagen, ob dafür Ihre Privathaftpflicht eintritt, oder ob das bei einem Auto nicht zieht?

Danke schonmal,
Holy
Nun, die Privathaftpflicht deckt normalerweise alle Schäden, die man dem Vermögen oder den Rechten eines anderen zufügt. Darunter fällt der berühmte durch eine Scheibe geschossene Fussball genauso, wie wenn Kiddies mit dem Fahrrad gegen ein parkendes Auto fahren. Der geschädigte Vermögensgegenstand an sich ist dabei also belanglos.

Das Problem bei den Versicherungen ist jedoch, dass sie dann nicht zu zahlen brauchen, wenn Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt.

Grobe Fahrlässigkeit könnte man in diesem Fall beiden Parteien (also Dir und Deiner Freundin, bzw. deren Eltern) anlasten, da ihr zwei Minderjährige in einem PKW ohne Aufsicht gelassen habt. Darin kann ein Verstoss gegen die Aufsichtspflicht gesehen werden, was die Versicherung relativ sicher einreden dürfte.

Allerdings hättest Du dann einen direkten Anspruch gegen die Eltern (bzw. Deine Freundin) aus § 823 BGB i.V.m. 832 BGB. Hier wird die Haftung des Aufsichtspflichtigen fixiert.

Es kommt aber auch immer auf die Gesamtumstände an. Da sowohl Deine Schwester als auch der Bruder Deiner Freundin im Auto waren, könnte eine Streitfrage werden, wer denn am Steuer sass, bzw. die Bremse löste, ob das überhaupt einer einzelnen Person angelastet werden kann oder ob es keine Gemeinschaftstat war. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass die Schuld Euch beiden zu gleichen Teilen zugesprochen wird, da Du und Deine Freundin beide die Aufsichtspflicht über Eure kleineren Geschwister verletzt habt und Du das Fahrzeug nicht im Sinne von § 14 StVO ausreichend gesichert hast, weil die Handbremse nicht so fest angezogen war, dass sie die Kinder lösen konnten ... Einer Versicherung fallen immer viele Arguemente ein, nicht zahlen zu müssen.

Ich würde es aber dennoch versuchen. Ich würde der Versicherung den Fall schildern, also, dass die Kinder im Spiel die Handbremse gelöst und den Gang ausgelegt haben - ich würde nicht erwähnen, dass sie Bremsen "geübt" haben - und dabei der Wagen ins Rollen kam. Sollte die Versicherung danach fragen ob Ihr in der Nähe wart, solltet Ihr das natürlich bejahen, sonst reden sie sicher die Aufsichtspflichtverletzung ein.

Sollte die Versicherung sich weigern zu zahlen, würde ich mich gütlich mit den Eltern Deiner Freundin einigen und die Reparaturkosten 50:50 aufteilen. Eine freie Werkstatt richtet den Schaden sicher schnell und günstig (wenn nichts lackiert werden muss).

Cheers,
Michael

P.S.: Einem Freund von mir ist etwas Ähnliches passiert. Er hat den Wagen unbeaufsichtigt gelassen, weil er den Einkauf entladen hat. In dieser Zeit ist sein Sohnemann ins Auto gehüpft und hat auch Handbremse gelöst und den Gang ausgelegt und ist natürlich in die Hecke gerauscht. Er hat von der Versicherung eben aus o.g. Gründen keinen Cent gesehen.
Auch wenn's blöd klingt: Ich bin nur Studi, kein Anwalt. Daher keine Gewähr! :wink:
HolyFreak

Beitrag von HolyFreak »

Vielen Dank für deine sehr ausführliche Antwort, das hat mir schonmal weitergeholfen.
Das mit der Aufsichtspflicht hatte ich garnicht bedacht, ich meine die 2 sind 13 bzw 14 und da ist der Verstand im Normalfall ja schon soweit, das man weiss, das wenn Bremse los am Berg => runterrollen.

Ich werde mal heute ganz unverbindlich einen Versicherungsfritzen befragen, was der zu meint, vllt kommen ja hier auch noch ein paar Erfahrungeberichte.


Vielen Dank,
Holy
benzel

Beitrag von benzel »

soweit ich mich erinnern kann sind bei der Privatenhaftpflicht allen schäden ausgelammert die durch ein PKW entsehen. Die Vollkaskoversicherung des PKWs müste aber zahlen.
Benutzeravatar
Erik.Ode
Mod-Team
Mod-Team
Beiträge: 2386
Registriert: 31.08.2004, 15:30

Beitrag von Erik.Ode »

Also, die Aufsichtspflichtverletzung kommt bei Teenagern ( hier 13 und 14 Jahre ) in diesem geschilderten Fall nicht in betracht.
Ihnen ist sehr wohl zuzumuten, daß sie für kurze Zeit alleine in einem Fahrzeug gelassen werden. Da wird auch keine Versicherung gegen argumentieren können.
Der Versicherungsschaden wird in der Regel über die Autoversicherung abgewickelt.
Ganz selten gibt es Haftpflichtversicherungen, die keine Pkw-Ausschlußklauseln haben.
Ein kurzes Telefonat mit dem Versicherungsvertreter dürfte hier Klarheit bringen.
Gruß Erik.Ode
- alle Angaben, wie immer, ohne Gewähr ! ;-) -
Benutzeravatar
Erik.Ode
Mod-Team
Mod-Team
Beiträge: 2386
Registriert: 31.08.2004, 15:30

Beitrag von Erik.Ode »

Aufsichtspflichtverletzung / Haftpflicht

Eltern bzw. Aufsichtspersonen (z. B. Kindergartenpersonal, Lehrer) haften, wenn sie ihre Aufsichtspflicht über minderjährige Kinder verletzen gem. § 832 BGB.

Kinder bis zum 6. Lebensjahr haften grundsätzlich nicht für Schäden, die sie anderen zugefügt haben; Kinder von 7 bis 17 Jahre haften nur dann, wenn sie über die erforderliche Reife und Einsichtsfähigkeit hinsichtlich der schädigenden Handlung verfügen (§ 828 Abs.1 BGB).

Hat ein Aufsichtpflichtiger seine Aufsichtspflicht bei der Begehung der schädigenden Handlung verletzt, kommt seine Haftung an Stelle oder neben dem verursachenden Kind in Frage.

Wie weit die Aufsichtspflicht geht, hängt vom jeweiligen Einzelfall ab. Maßgebend sind Alter und geistige Reife des Kindes, wobei laut Rechtsprechung keine überzogenen Ansprüche an die Aufsichtspflicht gestellt werden dürfen. So kann z. B. ein Kind nicht pausenlos beaufsichtigt werden.

Haftet ein minderjähriges Kind nicht, weil es unter 7 Jahre alt ist, oder nicht die notwendige Einsichtsfähigkeit besitzt, so tritt die Haftpflichtversicherung der Aufsichtsperson, bei Eltern z. B. die Privathaftpflichtversicherung, nur dann ein, wenn eine Aufsichtspflichtverletzung vorlag, da ansonsten überhaupt keine Haftung besteht.
Beispiel:


Ein 5-jähriges Kind fährt in Begleitung seiner Mutter mit dem Rad und beschädigt dabei das Auto des Nachbarn. Eine Haftung des Kindes besteht nicht; die Mutter hat ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt. Der Nachbar kann keinen Schadensersatzanspruch geltend machen.
Gruß Erik.Ode
- alle Angaben, wie immer, ohne Gewähr ! ;-) -
Antworten

Zurück zu „Recht / Strassenverkehr / MPU“