Urteile zu Gebrauchtwagen

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Urteile zu Gebrauchtwagen

Beitrag von Erik.Ode »

Urteile zu Gebrauchtwagen

Ein Jahr im Rhein ist kein „Frontschaden“
Sendung vom 18.9.03 mit Wolfgang Büser
Fast jeder junge Führerscheinbesitzer träumt davon, sich einmal einen Neuwagen zulegen zu
können. Den meisten fehlt jedoch das nötige Kleingeld, um sich den neuen Schlitten zu leisten. So
boomt der Gebrauchtwagenmarkt – mit teilweise haarsträubenden An- und Verkäufen. Beispiele:

1. Drei Jahre Standzeit nicht verschweigen - Verschweigt ein Gebrauchtwagenhändler einem
Käufer die dreijährige Standzeit des Kfz auf seinem Gelände, so muss er den Wagen zurückneh-
men, wenn es durch die lange Standzeit zu Schäden im Motorraum gekommen ist, die der Händ-
ler vor der Übergabe des Wagens durch eine (hier nicht durchgeführte) Generalüberholung hätte
ausschließen können. (Oberlandesgericht Düsseldorf, 3 U 49/02)

2. EU-Importwagen muss geoutet werden - Will der Besitzer eines EU-Importwagens sein
Fahrzeug verkaufen, so muss er den Kaufinteressenten auf den EU-Import hinweisen, andernfalls
er einen Teil des Kaufpreises erstatten muss, da allgemein bekannt ist, dass importierte Pkw
günstiger sind. (LG Düsseldorf, 24 S 548/02)


3. Kein Nutzungsausfall bei verstecktem Fehler - Muss ein gebraucht gekauftes Fahrzeug we-
gen eines "verborgenen" Getriebeschadens nach drei Monaten "aufwändig repariert" werden, so
steht dem Kunden für die Dauer der Reparatur kein Nutzungsausfall zu, weil der Händler den
nachträglich festgestellten Mangel nicht zu vertreten hat. Eine Ausnahme würde für den Fall gel-
ten, dass der Händler die Reparatur verzögert hat. (Landgericht Aachen, 5 S 40/03)

4. Wer gar nichts sagt, der lügt nicht - Äußert sich der Verkäufer eines Gebrauchtwagens nicht
zu etwaigen Unfallschäden am Fahrzeug, so kann der Käufer - wenn er nach über einem Jahr das
Auto weiterverkaufen will und dabei auffällt, dass der Wagen an verschiedenen Stellen nachla-
ckiert wurde - keine Wandlung des damaligen Kaufvertrages verlangen. Zumal dann nicht, wenn
nicht durch den Besitzer selbst, sondern durch einen Sachverständigen die Lackierungen über-
haupt erst auffielen. (Oberlandesgericht Koblenz, 5 U 140/02)

5. Nachlackierungen müssen auffallen - Der Käufer eines Gebrauchtwagens kann den Kauf
nicht rückgängig machen, wenn er sich erst nach Vertragsabschluss beim Händler nach Repara-
tur- und Lackierarbeiten erkundigt. Selbst wenn der Verkäufer mitteilt, dass solche Arbeiten nicht
durchgeführt wurden, ein Fachmann jedoch feststellt, dass der Wagen lackiert wurde, bleibt der
Kaufvertrag bestehen. (Hier wurde die Lackierung nur durch eine Lackstärkemessung festgestellt.)
(Oberlandesgericht Düsseldorf, 3 U 37/02)

6. Falsches Serviceheft ersetzt der Verkäufer - Hat der Verkäufer eines gebrauchten Autos sei-
nen Wagen mit "scheckheftgepflegt" angepriesen, so muss er einem Käufer Schadenersatz leis-
ten, wenn er das Serviceheft gefälscht hat. Das Heft soll Auskunft über Wartung und Laufleistung
bringen und erweckt beim Käufer einen vertrauenswürdigen Eindruck vom Auto, so dass der Wert
gegenüber einem Wagen ohne Serviceheft höher anzusehen ist. (Landgericht Itzehoe, 7 O
166/01)

7. Beinahe-Totalschaden ist kein Seitenhieb - Verkauft ein Gebrauchtwagenhändler einem
Kunden ein Fahrzeug mit dem Hinweis, dass der Wagen auf der rechten Seite einen Schaden hatte,
so kann der Kauf rückgängig gemacht werden, wenn sich herausstellt, dass das Kfz bei
einem Unfall mit einem Lkw beinahe einen Totalschaden gehabt hätte. (Hier werteten die Richter
des Oberlandesgerichts Koblenz das Verhalten des Händlers als arglistige Täuschung.) (AZ: 5 U
1878/01)


8. Unfallschaden darf nicht verschwiegen werden - Hatte ein Gebrauchtwagen (hier: ein Por-
sche) einen schweren Unfall, der durch Reparatur "vorne rechts" zu einem Preis von 69.000 Euro
"ausgeglichen" worden ist, so darf der Verkäufer des Autos diesen Crash nicht bagatellisierend mit
dem Satz "Kotflügel vorne rechts wurde ersetzt" im Kaufvertrag verharmlosen. Er muss dem Käu-
fer Schadenersatz leisten, wenn der die tatsächliche Schwere des Schadens herausfindet. (Ober-
landesgericht Koblenz, 5 U 786/02)

9. Wer die Halter kennt, der muss sie nennen - Verschweigt der Verkäufer eines Gebrauchtwa-
gens, dass es - neben den im (Ersatz-)Fahrzeugbrief eingetragenen zwei Haltern - bereits drei
Vorhalter gegeben hat, die im Übertrag auf den neuen Brief zwar mit einer Zahl eingetragen, je-
doch durch einen schwarzen Fingerabdruck unleserlich gemacht wurden, so handelt er arglistig.
In einem Fall vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf musste der Verkäufer das Auto gegen Erstat-
tung des Kaufpreises zurücknehmen. (AZ: 22 U 13/02)

10. Repariert statt ersetzt ist nicht arglistig - Ist in einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwa-
gen vermerkt, dass der linke Kotflügel des Pkw ersetzt worden ist, wurde er tatsächlich aber nur
repariert, was der Händler jedoch nicht wissen konnte, da die Reparatur nicht in seinem Betrieb
durchgeführt wurde, so kann der Käufer keinen Schadenersatz wegen arglistiger Täuschung ver-
langen, da der Wagen auf Grund der Reparatur des Kleinstschadens nicht zu einem Unfallauto
wird. (Oberlandesgericht München, 19 U 5820/01)

11. Unfallschäden müssen detailliert geschildert werden - Wer einen Gebrauchtwagen ver-
kauft, der ist verpflichtet, den Käufer ungefragt und im Detail über Unfallschäden - soweit sie ihnen
bekannt sind - zu informieren. Tut er es nicht, so muss er mit einer Rückabwicklung des Vertrages
einverstanden sein. (Hier hatte der Verkäufer nur von einem "Heckschaden" gesprochen, ohne
einzeln auszuführen, was passiert war. Das Gericht wertete dies als "Bagatellisierung".)
(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 14 U 35/01)

12. Arglist schließt die Gewährleistung nicht aus - Preist ein Gebrauchtwagenhändler eines
seiner Autos im Internet an, macht er dort jedoch wissentlich falsche Zusagen bezüglich der Aus-

stattung und des Zustands des Pkw, so hat der Händler arglistig gehandelt - mit der Folge, dass
der Kauf rückgängig gemacht werden kann. (Landgericht Köln, 15 O 237/01)

13. Ein Jahr im Rhein ist kein "Frontschaden" - Erklärt ein Gebrauchtwagenhändler einem Au-
tokäufer, dass das Fahrzeug als "Unfallschäden laut Vorbesitzer" einen "Frontschaden" hat, so ist
er schadenersatzpflichtig, wenn sich herausstellt, dass der Wagen - nachdem er häufiger nicht
angesprungen war und Schwächen in der Elektronik hatte - vor dem Verkauf ein Jahr lang im
Rhein gelegen hatte. (OLG Koblenz, 5 U 44/02)

14. „TÜV“ ist keine zugesicherte Eigenschaft - Die Aussage "TÜV/ASU neu" beim Gebraucht-
wagenkauf von Privat ist keine "zugesicherte Eigenschaft" im Sinne von "betriebsbereit und ver-
kehrssicher". Die Plakette bedeutet nur, dass das Fahrzeug untersucht und bis auf etwaige kleine
Mängel als vorschriftsmäßig befunden wurde. (Landgericht Lüneburg, 3 L 2731/01)

15. "Weiterverkäufer" kann nicht alles wissen - Verkauft eine Frau ein Auto weiter,
das sie bereits gebraucht erworben hatte, so kann der Käufer des Wagens das Geld nicht zurück verlangen,
wenn die ihm mitgeteilte "soweit bekannte Gesamtfahrleistung" von 122.406 Kilometern nicht
stimmt. (Er hatte später festgestellt, dass das Auto tatsächlich rund 220.000 Kilometer gelaufen war.)
Dem Wagen fehlt weder eine zugesicherte Eigenschaft noch hat die Frau arglistig getäuscht.
(Oberlandesgericht Düsseldorf, 22 U 175/01)

16. Pkw mit Totalschaden ist nicht fahrbereit - Verkauft ein Autohändler einen Gebrauchtwa-
gen mit Totalschaden nach einer Reparatur als "fahrbereit", so handelt er arglistig, wenn ein Gut-
achter feststellt, dass der Wagen nicht verkehrssicher ist und die Reparatur unsachgemäß durch-
geführt wurde. Der Kauf kann rückgängig gemacht werden. (Oberlandesgericht Koblenz, 5 U
1298/98 )

17. Kratzer und Beulen sind keine Unfallschäden - Der Käufer eines 6 Jahre alten Gebraucht-
wagens kann den Kaufvertrag nicht wegen arglistiger Täuschung rückgängig machen, wenn der
Verkäufer den Wagen trotz einiger fachgerecht reparierter Lackschäden und kleiner Beulen als
"unfallfrei" bezeichnet. Bei einem älteren Gebrauchtwagen sind solche Defizite keine „Unfallschä-
den“. (OLG Karlsruhe, 3A U 2/01)

18. Unbesehenes Fahrzeug muss nicht unfallfrei sein - Kauft der Kunde eines Autohauses
einen Pkw, den weder er noch der Verkäufer vorher gesehen hat, weil der Wagen von einer Jah-
reswagenvermittlung erst nach Abschluss des Kaufvertrages geliefert wurde, so kann er keinen
Schadenersatz verlangen, wenn das Auto Unfall bedingte Mängel aufweist. Grund: Der Händler
hatte bei Vertragsabschluss keine Anhaltspunkte für Schäden, der Kunde auf sein "Besichtigungs-
recht" verzichtet. (Oberlandesger. Düsseldorf, 3 U 11/01)

19. "Unbekannte" 138.000 Kilometer gibt es nicht - Kauft ein Gebrauchtwagenhändler ein
Fahrzeug von einem privaten Verkäufer und ist die Laufleistung mit "unbekannt" angegeben, so
handelt der Händler arglistig, wenn er das Auto weiterverkauft und dabei den Tachostand
"138.000 Kilometer" angibt, obwohl er davon ausgehen konnte, dass dies nicht stimmt. (Tatsäch-
lich war das Fahrzeug 203.000 Kilometer gelaufen.) Er ist dem Käufer zum Schadenersatz ver-
pflichtet. (Oberlandesgericht Nürnberg, 5 U 4250/01)

20. Nicht immer ist Schweigen arglistig - Wusste ein Gebrauchtwagenhändler vom extrem ho-
hen Ölverbrauch eines Autos und gibt er es "in Reparatur", so handelt er nicht arglistig, wenn er
das - auch nach dem Werkstattbesuch - noch vorhandene Ölproblem beim Verkauf nicht erwähnt
und der Motor nach kurzer Fahrzeit "verreckt". Der Käufer kann den Wagen nicht zurück geben
(es sei denn, er hatte beim Kauf nach "Öl-Schäden" gefragt). (Oberlandesgericht Düsseldorf, 22 U8/01)

21. 1-Prozent-Pauschale auch für Gebrauchtwagen - Ein Arbeitnehmer, der von seinem Chef
einen Dienstwagen zur Verfügung gestellt bekommt, muss monatlich ein Prozent des Listenprei-
ses auch dann als geldwerten Vorteil versteuern, wenn er einen Gebrauchtwagen bekommen hat -
es sei denn, er weise per Fahrtenbuch seine privat zurückgelegten Kilometer nach.
(Finanzgericht Köln, 10 K 4258/98)

http://wdr.de/radio/wdr2/westzeit/geric ... 030918.pdf
Gruß Erik.Ode
- alle Angaben, wie immer, ohne Gewähr ! ;-) -
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