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Trunkenheit ja oder nein???

Verfasst: 18.09.2004, 15:05
von wolfia
Hallo,
ich habe einen Unfall gehabt bin von der Fahrbahn abgekommen und im Graben gelandet. Da der Unfall Ort nur 500m von meinem Wohnort entfernt ist bin ich nachhause gelaufen und wollte einen Freund mit Abschleppwagen zum Bergen rufen. Vor lauter Wut über den Unfall (erst ein Streit mit meiner Frau und dann habe ich noch das Auto was ebenfalls Ihr gehörte in den Graben gefahren) habe ich einige Schnäpse getrunken. 30 Minuten später war die Polizei da und warf mir Trunkenheit am Steuer vor. Und dann haben Sie mich zur Blutprobe mitgenommen. Wieviel es ist weis ich nicht aber mit Sicherheit einiges. Aber ich habe erst zuhause getrunken. Die frage ist glaubt man mir das jetzt? Wie muss ich mich verhalten. Es ist niemand zu schaden gekommen und ich habe u.U. auch Zeugen die bestätigen können das ich bei Fahrtbeginn nüchtern war. Ich habe aber Angst um meinen Führerschein. Ich bin für jeden Rat dankbar.

Gruß

Nachtrunk

Verfasst: 18.09.2004, 21:29
von Erik.Ode
Nimmt ein Kraftfahrer nach einer Trunkenheitsfahrt aber noch vor der Entnahme einer Blutprobe weiteren Alkohol zu sich, spricht man von Nachtrunk.

Da für eine Trunkenheitsfahrt allein der Blutalkoholgehalt zum Zeitpunkt der Trunkenheitsfahrt strafrechtlich entscheidend ist, muss der Nachtrunk abgerechnet werden.

Wird Nachtrunk behauptet oder besteht ein entsprechender Verdacht, wird die Polizei die Entnahme einer 2. Blutprobe im Abstand von 30 bis 40 Minuten nach der 1. Blutprobe anordnen.
Ein Vergleich der beiden Proben ermöglicht einem Sachverständigen, Rückschlüsse auf einen behaupteten Nachtrunk zu ziehen.

Seit in den 80er Jahren die Begleitstoffanalyse entwickelt wurde, hat sich die Problematik "Nachtrunk" weitgehend entspannt.
Alkoholische Getränken enthalten neben dem Wirkstoff Alkohol auch verschiedene aromatische Bestandteile. Diese Bestandteile zeigen ein unterschiedliches Abbauverhalten.
Die Begleitstoffanalyse trennt die verschiedenen Bestandteile voneinander und gibt Auskunft darüber, zu welcher Zeit welcher Alkohol getrunken wurde. Damit lassen sich Aussagen über einen behaupteten Nachtrunk treffen.

Der Nachtrunk stellt eine Obliegenheitsverletzung gegenüber der Versicherung dar und kann den Versicherungsschutz gefährden. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, nach einem Unfall alles in seiner Macht zu veranlassen, um die für den Versicherungsfall relevanten Tatsachen und Beweise zu sichern. Durch Nachtrunk vereitelt er diese Verpflichtung und begeht eine Obliegenheitsverletzung.

oder auch:


Kein Versicherungsschutz bei "Nachtrunk"

Ein Autofahrer prallte mit seinem Wagen gegen eine Gartenmauer. Er fuhr nach Hause und nahm dort angeblich einen "Beruhigungstrunk" zu sich. Als wenig später die Polizei bei ihm eintraf, wurde ein Promillewert von 1,57 festgestellt.

Dies führte dazu, dass die Vollkaskoversicherung des Unfallfahrers nicht mehr verpflichtet war, den an dem Unfallfahrzeug entstandenen Schaden von über 8.000 DM zu ersetzen. Auch das Landgericht sah in dem "Nachtrunk" eine Verletzung der versicherungsvertraglichen Aufklärungspflicht, da sich der Autofahrer aktiv der Feststellung seiner Blutalkoholkonzentration zu entziehen versuchte.

Urteil des LG Itzehoe, 4 S 163/96, NN vom 19.04.1997


Und denke auch an :

§ 142
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort

(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er

1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich

1. nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder
2. berechtigt oder entschuldigt

vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.

(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten (Absatz 1 Nr. 1) oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, daß er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. Dies gilt nicht, wenn er durch sein Verhalten die Feststellungen absichtlich vereitelt.

(4) Das Gericht mildert in den Fällen der Absätze 1 und 2 die Strafe (§ 49 Abs. 1) oder kann von Strafe nach diesen Vorschriften absehen, wenn der Unfallbeteiligte innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach einem Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs, der ausschließlich nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat, freiwillig die Feststellungen nachträglich ermöglicht (Absatz 3).

(5) Unfallbeteiligter ist jeder, dessen Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann.

Mein Tipp: Nimm dir schleunigst einen Anwalt !

Verfasst: 19.09.2004, 13:17
von wolfia
Also bei fahrtbeginn war ich ja noch nüchtern. Und mir geht es darum ob hier die Zeugenaussagen genügen. Einen Anwalt habe ich schon.

Glaubwürdigkeit eines Zeugen

Verfasst: 19.09.2004, 14:25
von Erik.Ode
Die Frage ist berechtigt. Das kann hier aber niemand beantworten. Es kommt auf die Glaubwürdigkeit des Zeugen an. Und das entscheidet letztendlich der Richter.
Es ist nun die Aufgabe des RA und deines Zeugen, dieses in die Waagschale zu werfen.
Ändert aber nichts an der Verkehrsunfallflucht.

Jetzt kannst du nur noch abwarten und deinem RA die Arbeit machen lassen.