Führerschein im Ausland machen ?

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dioahna
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Führerschein im Ausland machen ?

Beitrag von dioahna »

Hab von einem Bekannten gehört, daß man seinen Führerschein im Ausland (z.B. Tschechei) neu machen kann, ohne MPU (der Lappen ist wegen Trunkenheit am Steuer weg).

Hat jemand Erfahrung? Ist der Führerschein denn wirklich in Deutschland gültig? Wie kommt man an Adressen?

Anscheinend wurde in Stern TV darüber berichtet.

Hat jemand Rat?

Danke
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Erik.Ode
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Beitrag von Erik.Ode »

Soweit ich mich an ein offizielles Schreiben erinnern kann, gilt jetzt folgendes:


Im Rahmen der EU- Harmonisierung muß Deutschland mittlerweile die Führerscheine der anderen EU-Staaten anerkennen. Die sog. Residenzpflicht ( mind. 180 Tage Aufenthalt in dem betroffenen Staat ) ist damit gefallen.
ABER: Die Führerscheinbehörde kann sich vorbehalten, den ehemaligen Sünder nochmals vorzuladen und anders entscheiden.


Werde mich aber nochmal genau schlau machen und dann hier berichten.
Gruß Erik.Ode
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Eicker
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Ellenlange Traktate im Netz .........

Beitrag von Eicker »

....... die bereits im wesentlichen mit dem dazugehörigen rechtsverbindlichen Kommentar des Bundesverkehrsministers HIER stehen.

Wohl dem, der lesen kann; er ist deutlich im Vorteil.

Habe mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass das Bedürfnis nach Weiterführung gewohnter Konsumgewohnheiten dringlicher scheint als die Wertschätzung und Einhaltung geltenden Rechts.
Welche Bedeutung und welchen Stellenwert Alkohol im Leben mancher Personen hat, können wir an der Intensität ablesen, mit der seit Bekanntgabe des EU-Gerichtsurteils IC-476/01 Felix Kapper um jede vermeintliche Hintertüre bitter gekämpft wird.

Eindeutiger Tenor ist mithin doch, dass eine -legal- im EU-Ausland erworbene FE längstenfalls bis zur ersten behördlichen Überprüfung hält. Ab dann ist nachzulesen, das die FE-Behörde angewiesen ist, zu handeln.

Unterschied zu früher: Der Tatbestand des "Fahrens ohne gültige Fahrerlaubnis" tritt erst bei Nichtbeachtung der Zustellung der Untersagung durch die heimatliche FE-Behörde und weitere Teilnahme am motorisierten Strassenverkehr ein.

Das kann doch keine einige tausend Euro wert sein..........?
Aber hier ist der Vater wieder der Wunsch des Gedanken und ....... das Kind geht solange zum Brunnen, bis es bricht ....... oder so.

dioahna: Nachzulesen im Thread des Forums der Praxis, die sich mit MPU-Coaching beschäftigt HIER

Im übrigen gilt nach wie vor: EU-Führerscheine gelten, wenn keine Einschränkungen vorliegen. Und ein Entzug der FE in der BRD ist eine solche Einschränkung. Mithin auch hinreichend publiziert und bekannt..
moin moin v.d.Insel
A. Eicker

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Erik.Ode
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Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom

Beitrag von Erik.Ode »

Habe nun das Schreiben gefunden.

Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 29.04.2004
In einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 29.04.2004
wurde eine Entscheidung gefällt, die Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des § 28
Abs. 4 FeV hinsichtlich der gegenseitigen Anerkennung der Führerscheine, dem
Wohnsitzerfordernis1, den Folgen des Entzugs oder der Aufhebung einer vorherigen
Fahrerlaubnis und der Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat neu
ausgestellten Führerscheines hat.
Der Europäische Gerichtshof hatte zwei Fragen zu prüfen:
1. Darf die Anerkennung eines im Ausland erworbenen EU-Führerscheins in der
Bundesrepublik Deutschland automatisch verweigert werden, wenn der
Inhaber zum Zeitpunkt des Erwerbs keinen Wohnsitz im Ausstellerstaat hat?
2. Darf die Bundesrepublik Deutschland für das Bundesgebiet den Gebrauch
eines im Ausland erworbenen EU-Führerscheins automatisch untersagen,
wenn dem Inhaber vorher in Deutschland eine Fahrerlaubnis entzogen wurde
und eine verhängte Sperrfrist bereits abgelaufen ist?
In der Entscheidung vom 29.04.2004 kam der Europäische Gerichtshof zu folgendem
Urteil:
Zu 1:
Im Ausland erworbene EU-Führerscheine sind grundsätzlich anzuerkennen, auch
wenn der Inhaber zum Zeitpunkt des Erwerbs keinen Wohnsitz im Ausstellerstaat
innehat.
Zu 2:
Im Ausland nach der Sperrfrist erworbene EU-Führerscheine sind grundsätzlich
anzuerkennen, auch wenn dem Inhaber die nationale Fahrerlaubnis entzogen oder
die Erteilung aufgehoben wurde.
Inzwischen wurde vom BMVBW die Empfehlung ausgesprochen, bis zu einer
beabsichtigten Rechtsänderung den § 28 Abs. 4 FeV nach Maßgabe des EuGHUrteils
auszulegen. In Absprache mit dem Senator für Bau, Umwelt und Verkehr,
Referat 56, wurde folgende Verfahrensweise bei der Anwendung des § 28 Abs. 4
FeV festgelegt:
1. Wohnsitzprinzip:
Hat jemand unter Umgehung des Wohnsitzprinzips im EU-Ausland einen
Führerschein erworben und führt er damit im Inland ein fahrerlaubnispflichtiges
1
Das Wohnsitzprinzip ist im § 28 Abs. 4 Ziff. 2 FeV reglementiert. Danach gilt die ausländische
EU-Fahrerlaubnis nicht, wenn der Inhaber zum Zeitpunkt der Erteilung seinen
ordentlichen Wohnsitz im Inland hatte.
Ein ordentlichen Wohnsitz im Inland hat der Bewerber, wenn er mindestens 185 Tage im
Jahr im Inland wohnt (siehe hierzu § 7 Abs. 1 FeV).
EuGH-Urteil FE-Recht 2
Kfz, so stellt dieses tatbestandlich kein Fahren ohne Fahrerlaubnis gemäß § 21
StVG dar.
Das bedeutet auch, dass ein deutscher Kfz-Führer, der im Ausland einen so
genannten „Urlaubsführerschein“ erwirbt, hier im Inland zunächst fahrberechtigt
ist. Die FE-Behörden sind gehalten, die Ausstellungsbehörden zu ersuchen, die
rechtswidrig erteilte Fahrerlaubnis zurück zu nehmen. Sollte die zuständige FEBehörde
über Erkenntnisse verfügen, die im Hinblick auf die Eignung eine Rolle
spielen, soll auch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht werden die FE für den
Bereich der Bundesrepublik Deutschland zu entziehen.

Daher ist die FE-Behörde beim Antreffen dieser Personen über diesen
Vorfall zu informieren. Zu beachten sind hier gerade die Führerscheine, die
nach dem Urteil des EuGH von den neuen östlichen Mitgliedstaaten der EU
(Polen, Tschechien usw.) ausgestellt worden sind.
2. Sperrfrist
a) vor Ablauf der Sperrfrist
Führt jemand im Inland ein fahrerlaubnispflichtiges Kfz mit einem ausländischen
Führerschein, der während einer im Inland verhängten Sperrfrist erteilt wurde, so
verstößt er gegen den § 28 Abs. 4 FeV, § 4 Abs. 3 VOInt und erfüllt daher den
Tatbestand des § 21 StVG.
Hier ist dann eine Strafanzeige wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu fertigen
und der zuständigen Fahrerlaubnisbehörde eine Mitteilung zu machen.
b) nach Ablauf der Sperrfrist
Führt jemand im Inland ein fahrerlaubnispflichtiges Kraftfahrzeug mit einem
ausländischen Führerschein, der nach Ablauf einer Sperrfrist erteilt wurde, dann
liegt kein Fahren ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG vor. Im Ergebnis ist hier
festzustellen, dass man auf diesem (jetzt legalen) Wege die „MPU“ umgehen
kann.
Auch in diesem Fall ist beim Antreffen solch eines Fahrzeugführers eine
Mitteilung an die zuständige Fahrerlaubnisbehörde zu erfolgen. Die
Fahrerlaubnisbehörde kann aufgrund von Tatsachen, die für die Annahme
sprechen, dass nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung
zum Führen von Kfz bestehen eigene Maßnahmen zur Entziehung der
ausländischen Fahrerlaubnis für den Bereich der Bundesrepublik
Deutschland ergreifen.

Der Verfasser ist mir persönlich bekannt.
Gruß Erik.Ode
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Re: Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofes

Beitrag von Eicker »

Erik.Ode hat geschrieben: .........
b) nach Ablauf der Sperrfrist
Führt jemand im Inland ein fahrerlaubnispflichtiges Kraftfahrzeug mit einem ausländischen Führerschein, der nach Ablauf einer Sperrfrist erteilt wurde, dann liegt kein Fahren ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG vor. Im Ergebnis ist hier festzustellen, dass man auf diesem (jetzt legalen) Wege die „MPU“ umgehen
kann.
.............

Hier muss ich berichtigend eingreifen:
Die MPU umgehen kann man weder so noch anders.
Diese wird bei Bekanntwerden der Nutzung einer ausländischen Fahrerlaubnis von den FE-Behörden angeordet, sofern dieser Anordnung noch nicht Folge geleistet wurde in einem früheren Antragsverfahren auf WE der FE.
moin moin v.d.Insel
A. Eicker

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Re: Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofes

Beitrag von Erik.Ode »

Erik.Ode hat geschrieben: Auch in diesem Fall ist beim Antreffen solch eines Fahrzeugführers eine
Mitteilung an die zuständige Fahrerlaubnisbehörde zu erfolgen. Die
Fahrerlaubnisbehörde kann aufgrund von Tatsachen, die für die Annahme
sprechen, dass nicht nur vorübergehende Mängel hinsichtlich der Eignung
zum Führen von Kfz bestehen eigene Maßnahmen zur Entziehung der
ausländischen Fahrerlaubnis für den Bereich der Bundesrepublik
Deutschland ergreifen.
Hallo Eicker !
Dann muß ich nochmal fragen. Der Verfasser schreibt "kann". Ist die Interprätation des Verfassers falsch ? Die Fahrerlaubnisbehörde "muß" eine MPU anordnen ?
Gruß Erik.Ode
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Re: Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofes

Beitrag von Eicker »

Erik.Ode hat geschrieben: .........Der Verfasser schreibt "kann". Ist die Interprätation des Verfassers falsch ? Die Fahrerlaubnisbehörde "muß" eine MPU anordnen ?

Mensch, Erik, sitzt Du den ganzen Tag vor dem PC? *breitfeixundduckundwech*

Also:
Eingängige Rechtsprechung zum "kann" und "muss" gibt es aufgrund der Novität (Neuheit) der Thematik noch nicht. Es ist aber; -mit Bayern als lobenswertem Vorreiter- bundesweite Praxis, dass die FE-Behörde bei Kenntnisnahme eben dieses Umstandes eine Begutachtung unter den Kriterien des geltenden Verwaltungsrechtes anordnet. Gesetzlich verpflichtet sein kann sie m.E. nicht, so doch in -irgendeiner mir gerade nicht geläufigen- Verordnung dieses zwingend bei bekannten Vorraussetzungen festgeschrieben steht. Mir ist noch kein rechtsgültiges Urteil bekannt, wonach die FE-Behörde auf Anordnung einer FE-Begutachtung verklagt wurde (Verwaltungsrecht).

Insofern sprechen wir richtigerweise von einer "kann"-Bestimmung, die jedoch in der Praxis immer in die Tat umgesetzt wird.
moin moin v.d.Insel
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Re: Auswirkungen des Urteils des Europäischen Gerichtshofes

Beitrag von Erik.Ode »

Eicker hat geschrieben: Mensch, Erik, sitzt Du den ganzen Tag vor dem PC?
Habe Urlaub ! :lol: 8) :D :wink:


Danke für die schnelle Antwort !
Gruß Erik.Ode
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